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Nachrichten | 16.12.2020 – 31.01.2021

Haushaltsrede 2020 von Bürgermeister Ulrich Heckmann

Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

unser Haushalt war in den vergangenen Jahren immer auf Kante genäht und wir haben es versäumt in starken Jahren Gelder zurück zu legen. Nur ein wenig mehr wie die gesetzliche Mindestrücklage ist geblieben. Bereits im laufenden Jahr haben wir Kredite in Höhe von rund 4,6 Millionen Euro aufgenommen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Natürlich haben wir immer gedacht, dass die Einnahmen immer weiter steigen werden. Wir haben uns auf unsere Unternehmen, auf die reichliche Gewerbesteuer verlassen und waren sehr großzügig wenn es um Ausgaben ging. Auch Investitionen, die nicht zwingend von uns geleistet hätten müssen, haben wir uns geleistet, weil wir es scheinbar konnten.

 

Wir stehen an einer Weggabelung: nämlich wollen wir selber Handeln, selber Verantwortung übernehmen oder wollen wir es Dritten überlassen, die uns dann sagen, was getan werden muss. Es geht um nicht weniger als um unsere kommunale Selbstverwaltung.

 

Wenn wir selber handeln wollen, dann müssen wir uns der Realität stellen und Einschnitte vornehmen, Gebühren anpassen und Steuern erhöhen. Das wird im Einzelfall vielleicht weh tun, aber ist für unsere Stadt alternativlos. Das Denken, dass es schon immer gut gegangen ist oder alles halb so schlimm ist muss der Vergangenheit angehören.

 

Güglingen muss sparen und wir in der Verwaltung tun das auch. Bereits im Frühjahr kurz nach dem Ausbruch der Pandemie habe ich die Bewirtschaftungskompetenz der Amtsleiter auf 500,- Euro begrenzt. Dies führte zu einer Sensibilisierung in der Verwaltung, in den Kitas oder dem Bauhof. Deutliche Kosteneinsparungen haben sich im Kleinen dadurch ergeben. Aber wir schaffen es nicht, indem wir weniger Druckertoner verwenden oder das Freibad zwei Wochen später öffnen. Wir brauchen härtere Einschnitte.

 

Wenn wir die Schließung unseres Freibads, des Römermuseums, der Mediothek oder der Herzogskelter vermeiden wollen, wenn wir die Digitalisierung in unseren Schulen und in der Kommunalverwaltung vorantreiben wollen, wenn wir Luftreinigungsgeräte für unsere Schulen anschaffen wollen, wenn wir im Städtebau Akzente setzen wollen, wenn wir für Familien attraktiv bleiben wollen, wenn wir die Zabergäubahn realisieren wollen, müssen wir entweder zusätzlich Schulden machen oder Vermögenswerte veräußern oder die Steuern noch deutlicher erhöhen. Wir müssen uns von der Schuldenlast befreien bzw. diese nicht erst weiter entstehen lassen, Einsparungen vornehmen und mehr Einnahmen generieren. Anders geht es nicht, sonst werden wir alle wichtigen Zukunftsaufgaben für unsere Stadt verpassen. Wir werden deutlich an Lebensqualität verlieren und als Wohngemeinde nicht mehr attraktiv sein. Das kann niemand ernsthaft wollen!     

 

Sie alle kennen meine Haltung in Sachen Deutscher Hof 21. Sie werden überrascht sein, wenn ich jetzt sage, es war richtig und wichtig dieses Gebäude in Eigenregie zu bauen. Ich bin dankbar dafür, dass wir das Gebäude selbst gebaut haben, denn ich bin davon überzeugt, dass es nur dadurch zu solch einem Schmuckstück geworden ist. Wir alle dürfen zurecht stolz auf unsere Erweiterung der Stadtmitte sein. Kein privater Investor hätte so viel gute Architektur zugelassen. Wir haben mit dem Deutschen Hof 21 enorm an Städtebau hinzugewonnen. Das haben wir, das haben Sie richtig gut gemacht und ist wahrlich nachhaltig für Güglingen. Mein Dank gilt vor allem unserem Bauamtsleiter Herrn Gohm und seinem Team, die so viele Stunden in der Baustelle verbracht und das hervorragend für uns alle abgewickelt haben.

 

Dennoch würde ich gerne noch mehr Wohnungen veräußern wie die vereinbarten zehn. Das wäre meines Erachtens der sinnvollste Weg für Güglingen. Mir liegen inzwischen Angebote auf dem Tisch, die mehr als interessant sind und die Zahlen deutlich übersteigen, die mir noch vor einem halben Jahr genannt wurden. Wir gehen heute davon aus, dass wir mehr als vier Millionen Euro für die nun zum Verkauf anstehenden zehn Wohnungen realisieren könnten. Wir steigen jetzt in die Vermietung ein, wobei bei den angestrebten Mieten, die jetzt aufgerufen werden, von sozialem Wohnungsbau schon lange nicht mehr die Rede sein kann.

 

Wenn wir den Deutschen Hof nicht verkaufen, dann müssen wir andere Wohnungen verkaufen. Ich spreche von der Michaelsbergstraße in Eibensbach, von der Metzgerei Kurz, der Heilbronner Straße 4, vom Bahnhofsplatz in Güglingen sowie anderen Wohnungen, die jetzt in die Vermarktung gelangen. Und gleichzeitig werden wir an das Alte Schulhaus in Frauenzimmern herangehen und die Innenbebauung in Eibensbach nicht vernachlässigen. Auch die Bebauung des Schafhausplatzes sollten wir kraftvoll angehen. Den Alten Sportplatz sehe ich nur dann als Verkaufsobjekt, wenn wir städtebaulich davon profitieren. Der Verkauf des Gartacher Hofes ist kurzfristig kein Thema für mich.  

 

Vergessen wir nicht, dass der Verkauf von Eigentum lediglich ein Einmaleffekt ist. Wir können eine Wohnung, einen Bauplatz nur einmal veräußern. Die hohen Ausgaben werden verbleiben und sie werden weiter steigen. Wirklich signifikante Einsparpotenziale erschließen sich nur, wenn wir gesetzliche und freiwillige Leistungen kappen und noch mehr Selbstbeteiligung von unseren Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von den Vereinen, einfordern. Es ist richtig, dass manch Pflichtaufgabe so bearbeitet wird, dass zum Schluss eine freiwillige herauskommt. Das gilt es in Zukunft zu vermeiden.

 

Sinn könnte es auch machen, wenn die Vorfinanzierung des Baugebiets Herrenäcker-Baumpfad 2 über einen Erschließungsträger erfolgen würde. Vielleicht wäre es aber auch eine Variante, wenn wir das neue Baugebiet zeitlich etwas strecken und erst zwei Jahre später damit beginnen. In jedem Fall würde das Luft im Haushalt verschaffen.

 

Im kommenden Jahr wird das Land Baden-Württemberg mit dem Bau der Umgehungsstraße beginnen. Die Stadt Güglingen ist vertraglich verpflichtet 2,1 Millionen Euro Beschleunigungsgeld zu bezahlen. Wir müssen uns gut überlegen, wie wir mit dieser vertraglich vereinbarten Summe umgehen.

 

Ich gehe fest davon aus, dass in den kommenden ein bis zwei Jahren das Recht auf die Ganztagsbetreuung in den Schulen kommen wird. Das bedeutet noch mehr Personalausgaben, Investitionen in die Mensa und in die Schulgebäude werden folgen. Das Dach unserer Turnhalle muss dringend repariert werden. Da fällt jetzt kurzfristig ein Millionenbetrag an. Vergessen wir die Seniorenbetreuung nicht. Das wird ein großer Schwerpunkt werden in unserer Kommunalpolitik der kommenden Jahre.

Die Corona Pandemie zeigt uns allen, dass wir endlich in die Digitalisierung einsteigen müssen. Der erste Schritt muss die bessere Ausstattung unserer Schulen mit Hardware sein. Im Haushalt sind 360.000,- Euro dafür vorgesehen.

 

Apropos Corona: das ist nicht nur eine finanzielle Herausforderung. Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und haben in den vergangenen Monaten eine herausragende Arbeit geleistet. Allen voran Frau Sandra Koch und Frau Isabel Kuhnle. Dafür auch noch einmal meinen ganz besondere Dank!

 

Deutlich profaner ist die Situation in der Herzogskelter. Ich will die sanitären Einrichtungen in der Herzogskelter angehen, denn diese sind schon lange nicht mehr zeitgemäß.   

 

Wir sind aus all diesen Gründen gezwungen die kommunalen Steuern und damit unsere Einnahmen zu erhöhen. Die Grundsteuer A und B werden wir auf den Durchschnitt der Kommunen im Landkreis Heilbronn erhöhen; dies bedeutet eine Anhebung um 60 bzw. 30 Punkte auf jeweils 370. Wobei wir in beiden Fällen abgerundet haben. Die Gewerbesteuer wollen wir auf 330 Punkte festsetzen und somit eine Erhöhung um 25 Punkte. Wir sind mit unserem Gewerbesteuersatz noch immer die günstigsten im Landkreis und einer der günstigsten in der Region Heilbronn-Franken. Die Erhöhung ist aus meiner Sicht vertretbar. Was wir bewusst nicht gemacht haben, ist den Gewerbesteuersatz auf 350 zu erhöhen, um dann in der Diskussion mit dem Gemeinderat auf 330 Punkte zurück zu gehen. Ich erwarte vom Gemeinderat, dass diesem Schritt nicht nur zugestimmt, sondern gemeinsam mit der Verwaltung nach außen offensiv vertreten wird.

 

Einsparungen: mir wurde vorgeworfen, dass mein Sparwille lediglich ein Lippenbekenntnis sei. Dieser Vorwurf entbehrt jeglicher Grundlage. Wir haben seit 2018 rund 300.000,- Euro im Kernhaushalt eingespart. Unsere Personaldecke in der Kernverwaltung ist dünn. Im Gemeinderat wurde ich im Frühjahr 2020 darauf angesprochen, wie ich denn gedenke die teilweise dreistelligen Überstunden meiner Amtsleiter und deren Mitarbeiter abzubauen.

 

Die hohen Personalkosten stammen aus unseren umfangreichen freiwilligen Leistungen und durch die Übernahme von Pflichtaufgaben. Zum Beispiel in den Kitas verfügen wir über 2,5 Personalstellen mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Wir handeln dabei im Einklang mit vielen anderen Kommunen. Denn würden wir diese Personalreserve nicht besitzen, würden wir permanent Gefahr laufen, unsere gesetzlichen Vorgaben nicht einhalten zu können. Das Ergebnis wäre die Schließung von Kita Gruppen.

 

Ein hohes Maß an Immobilieneigentum – wir verfügen über 70 Wohnungen mehr als Brackenheim – führt auch dazu, dass man mehr Hausmeister benötigt und nicht alle Aufgaben können über Hausverwaltungen abgewickelt werden. Dies führt zu mehr Personal auch in der Kernverwaltung und zu einer deutlichen Belastung unseres Haushalts. Also können wir Personalkosten nur dann signifikant kürzen, wenn wir unsere Standards senken, uns von Aufgaben trennen und den Immobilienbestand deutlich minimieren.

 

Wer öffentliche Einrichtungen schließt, kann mittelfristig Personalkosten senken. Wenn Sie das wirklich wollen, bitte ich Sie mir mitzuteilen, welche Einrichtung denn geschlossen werden soll.

 

Richtig ist, dass wir über überdurchschnittliche Sachausgaben verfügen. Wir durchforsten aktuell intensiv die Sachausgaben und suchen nach Einsparpotenzialen.

 

Meine Damen und Herren,

 

unser Haushalt umfasst ein Volumen von rund 27 Millionen Euro, am Anfang des Jahres planen wir mit einem Schuldenstand in Höhe von 4,9 Millionen Euro und hoffen am Jahresende bei 4,5 Millionen Euro abzuschließen. Der Gewerbesteuersatz soll bei 330 Punkten liegen und die Grundsteuersätze bei 370. Die Gebühren für Wasser und Abwasser wurden neu kalkuliert und die kommunalen Steuersätze wie Hunde- oder Vergnügungssteuer angepasst. Vor uns liegt nicht nur ein schwieriger Haushalt 2021, sondern viele schwierige Haushaltsjahre.

 

Ich hoffe sehr, dass wir gemeinsam durch diese wirtschaftlich für uns sehr kritische Phase kommen und dabei unsere Identität nicht verlieren. Ich bedanke mich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der ganzen Verwaltung – allen voran unserem Kämmerer Herrn Torsten Behringer und seiner Stellvertreterin Frau Jessica Adelhelm für die geleistete Arbeit.  

 

Herzlichen Dank!

 

Ulrich Heckmann